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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

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Heft 6
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Scheffler, Karl: Reise in Süddeutschland, [2] : München
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https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0221

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EDWIN SCHARFF, BÜSTE HEINR. MANN. 1920

ließ. Er sicherte sich Werke, die ihm unentbehr-
lich schienen, auch wenn er die Mittel noch nicht
besaß, vertrauend, daß er das Geld irgendwie schon
aufbringen würde. Er kaufte, vor allem mit Hilfe
des Kunsthandels, im Schnelltempo deutsche und
französische Bilder, was damals gerade noch zu
erschwinglichen Preisen möglich war; und als er
der tückischen Krankheit, oder der von ihr er-
zeugten Schwäche unterlag, war eine ungewöhn-
lich gute Sammlung gekaufter und zum Teil auch
von Freunden und Bewunderern geschenkter Kunst-
werke vorhanden. Denkt man an das auch in
München von ihm Geleistete zurück, so erstaunt
man, was ein einziger Mann, was die wollende
Persönlichkeit allein vermag. Tschudis Wirken in
Berlin hat Bewunderung erregt, seine Arbeit in
München erweckt mehr als das.

Die von ihm gesammelten Werke wurden zu-
nächst in der Alten Pinakothek provisorisch unter-
gebracht. Das Erbe aber verwaltete in schönster

Weise Heinz Braune, der das Begonnene
weiterführte und für die Deckung der von
Tschudi eingegangenen Verpflichtungen
selbstlos sorgte. Braune unternahm auch
eine vorläufige Neuordnung der Neuen
Pinakothek. Er traf eine Scheidung zwischen
der lokalen Münchner und der deutschen
Kunst, es gelang ihm die Bilder von Marees in
die Pinakothek zu überführen und einen hoff-
nungsvollen Zwischenzustand zu schaffen.

Dann kam die Regierungsepoche Toni
Stadlers. Die zuerst auftauchende Sorge,
womit man einen Maler als Nachfolger
Tschudis sah, erwies sich als unbegründet.
Stadler hat das von Tschudi Begonnene
im Verein mit Heinz Braune verständnisvoll
und selbst kühn ausgebaut, gute Neuerwer-
bungen gemacht und Tschudis weitgreifende
Pläne mehr und mehr gesichert. Lücken
wurden geschlossen und neue Mittel zu-
sammengebracht.

Im Jahre 1914 wurde dann Friedrich
Dörnhöffer als Generaldirektor der Bayeri-
schen Staatsgalerien berufen. Und auch
diese Wahl erwies sich als glücklich. Dörn-
höffer ging ohne Schwanken, mit vorsichtiger
Energie daran, den Plan weiterzuführen und
die moderne Sammlung dem Range Mün-
chens entsprechend auszubauen. Er erwarb
wichtige Bilder und nahm im Jahre 1919 eine
Trennung vor, die für das Münchner Museums-
wesen von entscheidender Bedeutung geworden
ist. Von der Neuen Pinakothek gliederte er die
Neue Staatsgalerie ab und brachte sie im Kunst-
ausstellungsgebäude am Königsplatz unter, in dem
Haus, das ehemals die Münchner Sezession für
ihre Ausstellungen benutzt hat. Diese Galerie,
die man die „Dritte Pinakothek" genannt hat, ist
heute in München die Hauptsammlung moderner
Kunst. Nach welchem Grundsatz verfahren wor-
den ist, sagt Dörnhöffer im Vorwort des Katalogs
zur Neuen Staatsgalerie. Es heißt dort u. a.: „Die
Abtrennung der modernen Abteilung von der
Hauptsammlung erwies sich als unvermeidlich,
weil das Gebäude der Neuen Pinakothek weder
hinreichenden noch geeigneten Raum zu einer
übersichtlichen Darbietung dieser Gruppe besitzt.
Die Zweiteilung wird solange aufrecht erhalten
bleiben müssen, bis durch einen umfassenden An-

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